Pflegedienste schlagen Alarm
A45-Vollsperrung verursacht Mehrkosten und erhöhten Personalbedarf

Die Vollsperrung der A45 bei Lüdenscheid stellt auch Dienstleister für ambulante Pflege und Eingliederung vor gewaltige Herausforderungen und Probleme. Vor diesem Hintergrund wenden sich die "Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Lüdenscheid" und der Verein "Zukunft Pflege Südwestfalen" jetzt mit einem gemeinsamen Schreiben an den nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und bitten um Hilfe. Ein dazugehöriges Positionspapier, das mit "Super-GAU für die Daseinsvorsorge" betitelt ist, haben die AG und der Verein am Montag, 27. Februar, im Rathaus vorgestellt.
In dem Schreiben an Minister Laumann argumentieren die Dienstleister wie folgt: Die Vollsperrung der Talbrücke Rahmede und der A45 führe zu verstopften Straßen - und damit zu längeren Fahrzeiten. Das wiederum bedeute, dass mehr Personal benötigt wird, um die ambulante Versorgung und Unterstützung von insgesamt rund 2000 Patientinnen und Patienten in Lüdenscheid und den angrenzenden Kommunen sicherstellen zu können.
Myra Mani verdeutlichte das an einem konkreten Beispiel aus dem Alltag. Rund 500 Einsätze müsse das Personal des Pflegedienstes Mani täglich bewältigen. "Das allein ist schon eine gewaltige logistische Herausforderung. Durch die Brückensperrung ist das allerdings nicht mehr planbar", sagte die Geschäftsführend des Pflegedienstes, die zugleich Vorsitzende von "Zukunft Pflege Südwestfalen" ist. Denn: Eine Fahrt, die früher fünf Minuten gedauert habe, könne inzwischen je nach Verkehrslage auch bis zu 45 Minuten dauern. Das sei insbesondere für diejenigen Patienten ein Problem, die auf medizinische Versorgung angewiesen seien - und damit "auf feste Zeiten", so Mani.
Bürgermeister Wagemeyer: "besonders dramatische Auswirkungen"
Vor diesem Hintergrund haben die Arbeitsgemeinschaft und der Verein Daten erhoben und ausgewertet. Ergebnis: Ein Vergleich der Fahrzeiten vor und nach der Brückensperrung ergebe einen durchschnittlichen Mehrbedarf an Personal von 13,5 Prozent sowie Mehrkosten in Höhe von 972.000 Euro pro Jahr - allein für die Pflegedienste in Lüdenscheid. Die Dienstleister in den Nachbarkommunen, die ebenfalls unter dem erhöhten Verkehrsaufkommen litten, seien hier noch nicht eingerechnet.

"Wir sprechen hier von besonders dramatischen Auswirkungen auf die ambulante Verpflegung der Menschen", bilanzierte und warnte Bürgermeister Sebastian Wagemeyer im Namen der Stadtverwaltung, die das Anliegen unterstützt. Das sei ein "dringendes Signal an das Land NRW".
NRW-Gesundheitsminister soll sich für finanzille Hilfe einsetzen
Das bekräftigte auch Stefan Hesse, Sprecher der AG Wohlfahrt Lüdenscheid. Denn: Eine Umlegung der Mehrkosten auf die zu pflegenden Menschen würde diese mit jeweils rund 1200 Euro pro Jahr belasten. Das sei aber definitiv keine Option. Stattdessen fordern die Dienstleister finanzielle Unterstützung vom Land und den Krankenkassen. Hierfür soll sich Karl-Josef Laumann als NRW-Gesundheitsminister einsetzen.
Eine gesicherte Finanzierung soll den Pflegediensten auch dabei helfen, der "massiven Verschärfung des Fachkräftemangels" vorbeugend entgegenwirken, heißt es in dem Positionspapier. Die schwierige Verkehrssituation in Lüdenscheid und den Nachbarkommunen habe bereits zu Kündigungen geführt und erschwere die Suche nach neuem Personal.
Freie Fahrt durch Anliegerstraßen und Online-Plattform
Darüber hinaus fordern die "Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Lüdenscheid" und der Verein "Zukunft Pflege Südwestfalen" - dem Zusammenschluss gehören über 30 betroffene Akteure aus dem Märkischen Kreis an - "pragmatische Lösungen" für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Eine Option dafür: Pflegediensten die Fahrt durch Anliegerstraßen ermöglichen.
Eine weitere Option könnte eine Online-Plattform sein, über die Menschen erstmalig Pflegebedarf für sich selbst oder Angehörige anmelden können. Aktuell müssten Dienstleister solche Anfragen immer mal wieder ablehnen, weil ihre personellen Kapazitäten erschöpft sind, schlagen AG und Verein zudem in ihrem Schreiben an NRW-Minister Laumann Alarm. Ihre Idee: Wenn die Daten in dem System erfasst seien, sei aber zumindest sichergestellt, dass eine Anfrage nicht verloren geht. Dann könnte eine Vermittlung zustande kommen, sobald ein Dienstleister die personellen Möglichkeiten dafür hat. Alternativ sei dann auch eine sogenannte "Einzelfallhilfe", etwa über die Pflegeberatungsstellen, möglich.
Auch die heimischen Landtagsabgeordneten sollen das Schreiben erhalten. Von ihnen erhoffen sich die Verfasser des Positionspapiers Unterstützung.
Lüdenscheid, 27. Februar 2023